Carsten Schneider, Ostbeauftragter der Bundesregierung auf die Anfrage im Deutschen Bundestag zur inhaltlichen Ausgestaltung des Zukunftszentrums der 3 Schwerpunkte „Wissenschaft, Kultur und Dialog/Begegnung“; schriftliche Beantwortung am 26. Oktober 2023:
Das Zukunftszentrum „Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ wird die Transformationsgeschichte in Ostdeutschland und in den anderen mitteleuropäischen sowie den osteuropäischen Staaten seit 1989/1990 wissenschaftlich untersuchen. Die Erkenntnisse werden einer breiten Öffentlichkeit mittels Kultur, Dialog und Ausstellungen vermittelt.
Das Zukunftszentrum soll vielseitige neue Kooperationen in seinen Fachgebieten aufbauen und als Vernetzer überregionale Strahlkraft erlangen. Zum einen verbindet es die drei Bereiche Dialog, Forschung und Kultur methodisch und fachlich. Zum anderen bindet es aktiv die Öffentlichkeit, insbesondere Bürgerinnen und Bürger, sowie zahlreiche weitere Akteure (regional, national, international) in die eigene Arbeit ein. Die Arbeitsbereiche des Zentrums wirken integrativ zusammen. Durch diese funktionale Verschränkung werden sie einen gemeinsamen Mehrwert und auf diese Weise eine einzigartige Institution schaffen.
Das Zukunftszentrum soll ein öffentlicher und niedrigschwellig zugänglicher Ort sein, der ein Angebot an überregionale und internationale Besucher macht, aber zugleich auch unabhängig von Veranstaltungen oder Ausstellungen zum Aufenthaltsort für die Bevölkerung von Halle (Saale) und Umgebung wird. In dem Zentrum sollen die Bereiche Wissenschaft, Kultur sowie Dialog und Begegnung miteinander vereint sein.
Im Bereich Dialog soll das Zukunftszentrum einen allgemein zugänglichen und niedrigschwelligen Zugang zu den Diskurs- und Dialogver- anstaltungen schaffen, um insbesondere der Zivilgesellschaft sowie Vereinen, Verbänden und Netzwerken einen Raum für den Austausch zu geben. Dabei werden explizit auch digitale Dialogkanäle genutzt, um durch deren partizipativen Charakter auch neue Zielgruppen zu erschließen und insbesondere jüngere Altersgruppen in die Arbeit des Zukunftszentrums einzubeziehen.
Darüber hinaus schafft das Zukunftszentrum durch dezentrale Dialogformate die Möglichkeit, überregionale Diskursräume zu eröffnen und ortsungebundene Formate zu etablieren. Im Rahmen dieser dezentralen Dialogformate strebt das Zukunftszentrum explizit die Kooperationen mit unterschiedlichsten Akteuren (z. B. Zivilgesellschaft, Vereine, Museen oder Forschungseinrichtungen) auch auf internationaler Ebene an.
Das Zukunftszentrum entwickelt und kuratiert eigenständig Dauer- und Wechselausstellungen und weitere innovative Kulturformate, anhand derer mit den Mitteln der Kunst und Kultur Transformationserfahrungen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft reflektiert werden. Ausgehend von der angestrebten Besucheranzahl von 1 Mio. pro Jahr und dem Zukunftszentrum als öffentlicher Ort ist eine Dauerausstellung nötig, um die Attraktivität des Zukunftszentrums zu gewährleisten. Das Zukunftszentrum soll einen bedeutenden Beitrag zur Bildung Heranwachsender leisten und erweitert das Bildungsangebot von Schulen, Ausbildungsstätten sowie Hochschulen. Neben einem permanenten Ausstellungsangebot in den Räumlichkeiten des Zukunftszentrums sollen regionale Wanderausstellungen und andere dezentrale Kulturformate entwickelt werden.
Das Zukunftszentrum setzt eigene Forschungsschwerpunkte, die gemeinsam mit Kooperationspartnern (z. B. Universitäten und Forschungs- einrichtungen) bearbeitet werden. Dabei wird der Aufbau eines nationalen und internationalen Forschungsnetzwerks, mit besonderem Fokus auf Mittel- und Osteuropa, angestrebt. Durch ein Graduiertenkolleg – schwerpunktmäßig für Doktorandinnen und Doktoranden – sowie ein Fellowship-Programm für Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler, soll das Zukunftszentrum den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern. Die wissenschaftlichen Bereiche werden jeweils von einem Professor oder einer Professorin verantwortet, die mit noch zu bestimmen- den Hochschulen gemeinsam berufen werden.
Programmlich wurden im aktuellen Jahr bereits erste Angebote gemacht und Netzwerke gespannt. Im Wissenschaftsbereich fanden zwei Roundtable-Veranstaltungen statt: ein Gespräch mit der Rektorin der MLU und Vertreterinnen und Vertretern einschlägiger wissenschaftlicher Institutionen in Halle und Umgebung. Ein Roundtable mit 40 Teilnehmenden aus dem gesamten Bundesgebiet fand an der Leopoldina mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Transformationsforschung, Ökonomie, Stadtentwicklung aber auch aus dem Bereich Wissenschaftsvermittlung statt. Passend zum Thema Mittelosteuropa (MOE) wurde im Juli 2023 vom Imre-Kertesz-Kolleg der Uni Jena die Wissenschaftskonferenz „Europa 1989“ durchgeführt. Für November 2023 ist ein Jugendbeteiligungsformat geplant, ein sogenanntes Jugend-Hearing für ca. 40 Jugendliche aus Halle, die ihre Ideen zum Zukunftszentrum diskutieren werden.
Ein final abgestimmter Wirtschaftsplan liegt noch nicht vor, da die Gründung der Trägerinstitution noch in Vorbereitung ist. Es ist davon auszugehen, dass die noch zu gründende Trägerinstitution ab 2024 einen kontinuierlichen Aufwuchs erfährt. Aus Sicht des Bundeskanzleramtes ist die inhaltliche Gewichtung im Vollbetrieb ab 2028 zum derzeitigen Planungsstand ungefähr wie folgt vorgesehen:
- Dialog = 40 Prozent
- Kultur = 30 Prozent
- Forschung = 30 Prozent.
Weitere inhaltliche Formate/Veranstaltungen sind für 2024 in einer Interimsliegenschaft vorgesehen. Die Fertigstellung des Gebäudes ist für 2028 geplant. Mit einer Eröffnung kann für 2029 gerechnet werden.
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