Unsere Politik wird, so scheint es, zunehmend von Gefühlen bestimmt. Wir leben in Zeiten der Daueraufgeregtheit. Fakten werden durch gefühlte Wahrheiten infrage gestellt. Radikale aller Couleur finden mit einfachen Antworten auf komplexe Fragen immer mehr Zuspruch. Die politische Mitte weiß mit den aufgeheizten Emotionen oft nichts anzufangen. Sie ist von der politischen Kultur der alten Bundesrepublik geprägt, in der das Gebot der Nüchternheit galt. Hier setzt die Ausstellung »Die Macht der Gefühle. Deutschland 19 | 19« an, die Ute und Bettina Frevert für die Stiftung «Erinnerung, Verantwortung und Zukunft» und die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur erarbeitet haben.
Die Ausstellung zeigt mit einer emotionsgeschichtlichen Perspektive, wie Angst, Hoffnung, Liebe und Wut zwischen 1919 und 2019 politisch und gesellschaftlich wirkten. Anlass waren zahlreiche Jahrestage, die sich mit der Geschichte von Demokratie und Diktatur in Deutschland auseinandersetzen: 100 Jahre Gründung der Weimarer Republik, 90 Jahre Weltwirtschaftskrise, 80 Jahre Beginn des Zweiten Weltkriegs, 70 Jahre doppelte deutsche Staatsgründung, der Regierungswechsel in Bonn vor 50 Jahren, 30 Jahre Friedliche Revolution... Gefühle, so die These der Ausstellung, waren Motor politischer und gesellschaftlicher Reform- und Demokratisierungsprozesse. Aber sie waren stets auch Gegenstand politischer Instrumentalisierung und Manipulation, besonders seitens der politischen Extreme des 20. Jahrhunderts. Anhand von 20 Emotionen werden Konjunkturen, Wandel, Brüche und Kontinuitäten in 100 Jahren veranschaulicht, die die Gefühlswelten prägten und deren Intensität heute Politik und Gesellschaft herausfordern.
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