Ich möchte mich zuallererst für meinen primitiven Wortwitz entschuldigen, aber ich kriege mich seit einer Stunde nicht mehr ein, also gönnt mir das.
Nun zur Sache: In Halle ist echt viel los, aber heimlich. Wer seinen Horizont erweitern und Halle von seiner frechen Seite kennenlernen möchte, muss sich auf das Versteckspiel einlassen und anfangen, zu suchen. Man muss nicht einmal lange suchen, sondern einfach nur dorthin gehen, wo die Dinge dezent komisch, aber aufregend wirken. Die vielen Flyer in der Mensa, Aufkleber in den Toilettenkabinen und Facebook-Veranstaltungen, zu denen man von wildfremden Kommilitonen eingeladen wird, zeigen, wie viel es hier zu entdecken gibt.
Eines Abends schlich ich aus meiner Komfortzone und ging mit einer Freundin zu einer Jam-Session im Keller der Landsberger Straße 16. Dass ich das Besuchen eines fremden Kellers zu nächtlichen Stunden empfehle, ist einmalig, aber hey, die Jam-Session war wirklich cool und ich lebe noch. Talentierte MusikerInnen, eine ulkige Einrichtung, lockere Leute und cool bemalte Gegenstände – in Halle zum Glück keine Seltenheit.
Was mich aber ebenso beeindruckt hat, war der Weg dorthin. Wir liefen von der Berliner Brücke aus Richtung Südwesten und so sah ich zum ersten Mal Werke der Freiraumgalerie.
Die Freiraumgalerie entstand 2012 im Stadtviertel Freiimfelde und ihr Konzept besteht im Gestalten leer stehender Häuser mit urbaner Kunst. An der Gestaltung nehmen nicht nur regionale und internationale KünstlerInnen teil, sondern auch die BewohnerInnen beteiligen sich fleißig an der Verschönerung und Inszenierung des künstlerischen Talents im östlich gelegenen Viertel. Neben urbaner Kunst hat die Galerie auch viele interessante Projekte, über die man sich auf ihrer Website umfassend informieren kann. Wer es interaktiver mag, kann die Freiraumgalerie auch während einer Führung durch das Viertel besser kennenlernen.
Durch die riesigen und wirklich schönen Wandbilder, die die Häuser des Viertels schmücken, bekommt dieser Stadtteil einen ganz neuen und jungen Charakter. Die Idee ist unglaublich cool und ich bin überzeugt, dass auch Leute, die sich nicht unbedingt als Kunstliebhaber beschreiben und erst recht nicht freiwillig UND kostenpflichtig in ein Kunstmuseum gehen würden (ganz ehrlich, wo wären wir Studis ohne Studentenrabatte?), Gefallen an diesen Bildern fänden. Wer Lady Pink, Tracy 168 oder Banksy „feiert“, wird hier sicherlich nicht enttäuscht.
Die meisten Wandbilder (rund 70 Stück!) kann man im Osten der Stadt bewundern, doch auch in anderen Teilen von Halle sind sie zu finden. Wer die Augen aufmacht und etwas Zeit, die man als StudentIn ja üüüberhaupt nicht hat, mitbringt, um ein paar Umwege zu machen, kann jeden Tag erzählen, sich kulturell weitergebildet zu haben.
Als Berlin-Fanatikerin war ich sehr beeindruckt, dass auch in Halle die Kunstszene aufregend und vielseitig ist. Wäre ich früher aus meiner Wohnung gekrochen, hätte es mich nicht ganz so überrascht. Schon allein, wenn man sich anschaut, was die Burg-Studierenden so zustande bringen, ist nicht zu verkennen, dass es hier unglaublich viele junge Talente gibt.
Also: Augen auf und durch!
Der Beitrag der Autorin Lena Maureen Quincke erschien am 31.07.2020 auf deinhalle.de
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